17 September 2017

Jossel Wassermanns Heimkehr

Meine Wertung

Jiddischkeit für Dummies

Mit "Jossel Wassermanns Heimkehr" nimmt uns Edgar Hilsenrath auf eine anrührende Reise in die für viele bisher unbekannte Bukowina mit. Es geht ins jüdisch geprägte Pohodna, das prototypisch für das jiddische Schtetl schlechthin steht. Dessen Nähe zu Czernowitz, der multikulturellen Hauptstadt der Bukowina, rückt die Juden von Pohodna zugleich in die Nähe der großen weiten Welt und befördert so ihre Assimilation. Am besten erging es ihnen unter der langen Regentschaft von Franz Joseph I. (1848-1916), der ihnen die Emanzipation brachte und deshalb von so manchem fanatischen Antisemiten als "Judenkaiser" tituliert wurde. Dem Kaiser begegnen wir in Jossel Wassermanns Lebensbeichte zwar auch, aber in erster Linie mischen wir uns unter's Volk. Wir lernen die "einfachen" Leute von Pohodna kennen, Handwerker, Schankwirte, Rabbiner, Wasserträger, Gendarmen und viele andere mehr. Ganz en passant ist dieser Roman deshalb auch ein Schnellkurs in jiddischem Denken, Sprechen und Handeln, so etwas wie "Jiddischkeit für Dummies". Aber dieser Roman wäre nicht von Edgar Hilsenrath, wenn er nicht durch Poesie, Humor, Phantasie und subtile Sensibilität überzeugen würde. Vor einem knappen Vierteljahrhundert hat Andrzej Szczypiorski in seiner Rezension (Der Spiegel 44/1993) in höchsten Tönen davon geschwärmt. Was kann man dem noch hinzufügen?

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