08 November 2017

Der Mann, der für einen Knopf verkauft wurde • Die unglaubliche Geschichte des Jemmy Button

Meine Wertung

Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral

Dieses Motto aus der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht, angewandt auf die naiven Zivilisationsbemühungen der Briten Anfang des 19. Jahrhunderts in Feuerland, wäre vermutlich erfolgversprechend gewesen. Statt dessen werden Jemmy Button und drei weitere Feuerland-Indianer nach Großbritannien verschleppt, um ihnen zunächst Religion, Kultur und Moral näherzubringen. Dies ist kein Bericht für Sozialromantiker, denn weder treten die Briten als Ausbeuter und Sklavenhalter auf, noch sind die Feuerland-Indianer harmlose, freundliche Wesen, die den Briten mit liebenswerter Neugier begegnen. Mit einer Expedition (1831-1836) unter der Führung von Robert FitzRoy, an der auch der damals 22-jährige Charles Darwin teilnahm, wird Jemmy Button nach Feuerland zurückverfrachtet. Aber es kommt, wie es kommen musste, denn ohne Fressen bleibt die Moral auf der Strecke. Diebische Feuerland-Indianer stehen völlig überforderten, in ihren religiösen Moralvorstellungen gefangenen Siedlern gegenüber, was dann verhängnisvoll zu Mord und Totschlag führte. Der minutiös recherchierte Bericht von Nick Hazlewood schildert gleichzeitig auch einen Kriminalfall und dessen Auswirkungen auf das britische Empire. Was die Lektüre so lohnenswert macht, ist die vorurteilsfreie und zugleich einfühlsame Herangehensweise des Autors an dieses schwierige Thema, das uns ZIVILISIERTE Westeuropäer alle angeht.

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